„Nach schlaflosen Nächten“: Wieder schließt ein Handwerksbetrieb

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von: Robert Langer

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„Wir haben Handwerk“: Das Team der Metzgerei Steinhöringer Fischer (hier anlässlich des 60-jährigen Firmenjubiläums). © Privat

Die Traditionsmetzgerei Fischer in Steinhöring, die im vergangenen Jahr ihr 60-jähriges Bestehen feierte, schließt endgültig. Eine Runde weniger.

steinernes Gehör – “Ist es doch wahr?”, fragt der Kunde im Laden. Viele Stammkunden im Verkaufsgebiet in Steinhöring an der B304 konnten es kaum glauben. Die letzten Tage der Metzgerei Fischer lagen vor Weihnachten. Wieder die beliebten Weißwürste, wieder die begehrten Schwarzgeräucherten. Dann ist es vorbei.

Regisseurin Petra Fischer-Slowik mit dem letzten Schinken, der über die Theke ging.
Regisseurin Petra Fischer-Slowik mit dem letzten Schinken, der über die Theke ging. © Stefan Roßmann

„Es gab keine wirtschaftlichen Gründe“, betont Chefin Petra Fischer-Slowik (61). Sie kümmerte sich jahrzehntelang um Geschäft und Laden, ihr Bruder Wolfgang (49) war Metzger. Seine Arbeit wurde von unabhängigen Gutachtern mehrfach mit Gold ausgezeichnet. Doch Wolfgang Fischer hatte Pech. Die gesundheitlichen Folgen waren schwerwiegend. “Er hat einfach nicht die Kraft”, sagt die Krankenschwester. Ersatz gab es nicht – auch nicht in der Familie. Nach dem Abitur arbeitete die Tochter im Sozialwesen, der ältere Sohn in der Immobilienbranche. Der Jüngste hingegen beschäftigt sich mit Lebensmitteln und pflegt einen Teil der Familientradition.

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Geheime Familienrezepte gehen an befreundete Metzger

Geheime Familienrezepte gehen jetzt an einen befreundeten Metzger. Die berühmten Fischer-Spezialitäten wird es aber weiterhin geben. Das bisher zweiteilige Verkaufsfahrzeug wird im Landkreis unterwegs sein, mit einem Stopp in Steinhöring. Dafür sorgt jetzt Quentin Slowik, der jüngste Sohn von Chefin Petra Fischer-Slowik. Er hat im Unternehmen viel gelernt, er hat Ahnung von der Branche, er konnte Weißwürste und Hackbraten machen, aber Metzger wurde er nie. Stattdessen betreibt er eine Bäckerei und ein Café schräg gegenüber auf der anderen Seite der B 304 in Steinhöring. „Er wollte eigentlich immer Verkäufer werden“, sagt seine Mutter. Mit zwölf Jahren erklärte er selbstbewusst, dass sich alles verkaufen lasse, „auch Damenunterwäsche“. Bereits mit 20 Jahren machte er sich selbstständig „und sprüht ständig vor Ideen“, sagt seine Mutter.

Vor einem Jahr wurde das 60-jährige Firmenjubiläum gefeiert

Neben der Metzgerei in Steinhöring schließt das Geschäft wieder. Vor einem Jahr feierte das Unternehmen sein 60-jähriges Bestehen. Als Christian Fischer 1961 die Metzgerei in Steinhöring übernahm, fing er ganz klein an. Wie in ländlichen Gegenden üblich, war früher die Metzgerei in den Gasthof integriert. Aber dann arbeiteten beide Firmen getrennt. Christian Fischer, damals 25 Jahre alt, war ehrgeizig. „Mein Vater war damals der jüngste Metzgermeister Bayerns“, sagt Petra Fischer-Slovik heute. Seine Frau Gertrude, gelernte Bürokauffrau, kam herein und stellte sich hinter die Verkaufstheke. Sie war mit 80 Jahren noch im Geschäft, bis Corona kam.

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Kleine Metzgerei Fischer an der B 304.
Kleine Metzgerei Fischer an der B 304. © Stefan Rossmann

Der Erfolg stellte sich für das junge Paar in den 1960er Jahren schnell ein. Ihre Produkte wurden bald sehr gefragt. Tochter Petra half in ihrer Jugend mit. Sie stand oft früh am Tag auf und arbeitete in einer Firma, bevor sie in Grafing, dem örtlichen Gymnasium, zur Schule ging. Geboren wurde sie übrigens im selben Jahr, in dem ihr Vater in Steinhöring angefangen hat.

Mit 20 Jahren übernahm er Verantwortung im Unternehmen

Wahrscheinlich hatte sie sich ihr Leben am Anfang anders vorgestellt. Doch als ihr Vater 1981 einen Unfall hatte, übernahm sie den Betrieb. Sie war damals 20 Jahre alt. Seit 2002 führt er gemeinsam mit seinem Bruder Wolfgang den Betrieb. Beide setzen auf die Tugenden Handwerk, Qualität und Regionalität. „Industriegüter sind im Supermarkt erhältlich. Wir basteln.“ Und teurer ist es in einer einfachen Metzgerei eigentlich auch nicht. “Wir konnten immer mithalten.”

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Jetzt das Ende. Das geschulte Personal habe schnell neue Aufgaben gefunden, sagt der Chef. „Niemand war arbeitslos.“ Sie war bereits in Tränen aufgelöst, als sie aufgab. „Es gab mehrere schlaflose Nächte, bis ich mich endgültig entschieden habe.“ Zumindest ein Teil der Familientradition wird vom Sohn weitergeführt, zumindest durch die Vermarktung traditioneller Fischer-Produkte. Und vielleicht findet sich in der nächsten Generation jemand, der sich für diese Branche interessiert. „Darüber würde ich mich freuen“, sagt Petra Fischer-Slowik.

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